Mein Tag 1 als Hauseigentümerin

Meine letzte Nacht war unruhig. Von halb drei bis vier Uhr lag ich wach, unfähig, irgendwie das Tor zum Schlaf zu finden. Ich hasse solche Nächte, denn ich weiss genau, dass ich um fünf Uhr todmüde bin und nur noch schlafen will.

Dabei war heute der grosse Tag. Endlich.
Wir fahren ins Toggenburg. Zum Haus. Unserem baldigen.
Wir treffen Omas Beistand, lesen im Haus den Stromzähler ab.
Dann der Gang ins Gemeindehaus.

Ein sehr seltsames Gefühl befällt mich. Oma kann nicht hier sitzen, um mir das Haus zu verkaufen. Denn für sie spielt es wohl keine Rolle mehr. Sie lebt im Hier und Jetzt. Der Beistand vertritt Oma.
Mir ist nicht unwohl, doch mir wird die Bedeutsamkeit des Moments sehr bewusst. Ich stehe an diesem einen Ort, wo schon mein Urgrossvater vor sechzig Jahren den Kauf des Hauses absegnen liess. Das Haus ist seit 1955 in meiner Familie Besitz geblieben und wurde weiter vererbt.

Ich sehe die Glasscheiben mit den Kantonswappen.
Hat mein Uropa Henri hier die Geburt meiner Grosstante und meines Grossvaters gemeldet? Ist hier im Haus der Tod meiner Urgrossmutter verbucht?
Ich denke plötzlich an meine Mutter, die auf dem Friedhof des Städtchens liegt. Würde sie sich freuen?

Ich fühle mich noch seltsamer. Wir treten in einen Saal. Es wird feierlich. Ich habe Mühe, meine Tränen herunterzuschlucken.
Ich muss dran denken, dass ich seit neun Monaten auf diesen einen Moment gewartet habe. Dass ich mir nicht vorstellen konnte, dass ich jemals im Haus würde wohnen können. Mir fallen meine Albträume ein. Das Haus. Abgerissen. Verlassen. Traurig.

Doch nun ist der 11.11.14 gekommen. Ich werde willkommen geheissen. Zum ersten Mal in meinem Leben begrüsst mich jemand in einer Gemeinde und sagt: „Wir freuen uns auf Sie“.
Ich sitze da um 9.15 und unterschreibe den Vertrag. Nothing to add.

20141111_paulahaus_1390

4 Gedanken zu “Mein Tag 1 als Hauseigentümerin

  1. 9 Monate hat’s gedauert. Wie bei einem Kind. Gut‘ Ding will bekanntlich Weile haben. Viel Glück im neuen, alten Zuhause 🙂

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  2. …hoi Zora…viel Glück mit Deinem Haus am Lederbachweg…ich wünsche Euch viel Wärme. Allzu präsent sind mir noch Oma Paulas Geschichten von blauen Zehen und Frostbeulen….

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