Der Japaner, Charles Darwin und Papis grosser Triumph

Vor über 40 Jahren erschien „Das Gelbe Heft“ mit diesem einen Cover: Das Kaninchen auf dem Titelbild ist ein sogenannter „Japaner“ und stammte aus der Zucht meines Vaters. Der war 1982 gerade mal 34 Jahre alt und ein versierter Kaninchenzüchter. Ich erinnere mich nur noch dunkel an jene „Japaner“ im Kaninchenstall meines Vaters. In meiner Erinnerung sind sie wunderschöne, stolze Tiere.

Die Japaner kamen von Frankreich aus Ende des 19. Jahrhunderts in die Schweiz. Friedrich Karl Dorn schreibt 1989 über das Japanerkaninchen: „Seine Entstehung ist völlig unbekannt und es ist zwecklos, über seine Herkunft irgendwelche Vermutungen anzustellen und Konstruktionen zu entwickeln. Fest steht allein, dass wir über das Werden dieser Rasse nichts wissen.“
Des weiteren schreibt er: „Es ist ebenso ungeklärt, welcher Spaßvogel den Namen der Rasse ersann und welchen Grund er hierfür hatte.“

Warum mein Vater sich damals genau für diese Art Kaninchen entschieden hat, werde ich wohl nie erfahren. Sehr gerne würde ich mit ihm darüber diskutieren. Ich bin mir sicher, ich würde dazu einige sehr interessante Anekdoten von ihm hören.

Mein Vater züchtete seit frühester Jugend Kaninchen. Manchmal denke ich, dass diese Leidenschaft und der soziale Umgang im Verein ein Ersatz für sein eher kühles Elternhaus war. Ich erinnere mich an viele schöne Abende mit anderen Kaninchenzüchtern und ihren Familien, an Lachen und gutes Essen.

All die Jahre danach hat mein Vater sehr erfolgreich Kleinsilberkaninchen gezüchtet. Mit grossem Erstaunen las ich vor einigen Tagen, dass bereits Charles Darwin diese Kaninchen gekannt und über sie geschrieben hat.

1989 gewann Papi mit seinem Kleinsilber-Kaninchen einen grossen Preis an der Ausstellung in Bern. Ich war damals gerade 11 Jahre alt. Den Champion, so hiess der Chüngel, habe ich sehr gemocht. Er war anders, als andere Kaninchen, handzahm und ich konnte ihn streicheln. Heute zeugt nur noch ein Foto von ihm, das bei uns im Gang steht, davon, dass es ihn mal gab: das schönste Kaninchen der Schweiz.

Papis Leidenschaft, Kaninchen zu züchten hat sich mir leider nie erschlossen. Meine Liebe, meine Leidenschaft galt immer den Vögeln, die auch er sehr gemocht hat.

Mein Vater hat bis einige Jahre vor seinem Tod als Präsident des Silberkaninchenklubs gewirkt. Diese Tätigkeit war ihm sehr wichtig und sie hat ihm grosse Freude bereitet. Nach seiner Pensionierung ist er immer wieder mit seiner Frau quer durch die Schweiz gereist, hat viele Menschen kennengelernt und bestimmt viele Kaninchen gestreichelt. Seine schwere Erkrankung hat ihn hier voll ausgebremst. Es tut mir noch immer weh, ihn einige Monate vor seinem Tod bei seinen Kaninchen zu sehen. Er war stark eingeschränkt in seiner Bewegung, mit klarem Willen und grosser Trauer, im Wissen, was ihn erwartet. Erst heute wird mir bewusst, welcher Schatz von Erfahrung und Wissen mit seinem Tod verschwunden ist.