Auf ein Neues!

Geburtstag feiern ohne meine Eltern fällt mir schwer.
Geburtstage waren immer ein besonderer Feiertag, Tage an denen man sich trifft und freut, dass der andere da ist. Zurückdenken an die Geburt, Dankbarkeit, Zärtlichkeit und Anekdoten.

Meine Omi hat meinen Geburtstag immer besonders zelebriert. Es gab Torte, Geschenke und viele Umarmungen und Küsse. Am Schluss ihres Lebens hat sie zwar nicht mehr immer gewusst, wer ich bin, aber den Tag hat sie im Gedächtnis behalten. Der war wie eingebrannt.

Ich verstand erst viel später, dass wir mit den Geburtstagsfeiern das Leben zelebrierten. Dankbar waren für alle, die (über-)lebten. Verbundenheit im Dasein.

Den Geburtstag meines Bruders Sven, der knapp zwei Jahre nach mir geboren wurde, feierten wir nicht. Sein Tod wiegte schwerer als sein Dasein für drei Tage. Auch heute noch verbinde ich mit dem 20. September 1979 ein Gefühl der tiefen Trauer und Verzweiflung.

Ohne meine Eltern ist Geburtstag anders. Sie fehlen mir sehr.

Vor vielen Jahren begannen mein Vater, seine Frau – und später auch ich – damit, den Geburtstag mit Freunden und der Familie zu feiern. Das war schön und ich fühlte mich mit ihnen verbunden. Ich war immer sehr stolz, wenn sie am Geburtstag zu mir kamen und wir ein paar Stunden feierten.

Feiern bedeutete in meiner Wahrnehmung, dass wir zusammen sassen, redeten und den Moment genossen. Das ist im Sommer etwas anders als im Winter. Der Geburtstag meines Vaters, am 19. Februar 2020 war das letzte Fest für lange Zeit, das wir feierten.

Als mein Vater nicht mehr in unser Haus gehen konnte, weil zuviele Treppen da waren, war ich unglücklich. Wir feierten den Geburtstag einfach auswärts und barrierefrei. Aber ich ahnte auch, dass unsere gemeinsamen Tage abgezählt waren, dass wir nicht mehr so oft zusammen sein würden wie bisher. Dieses Gefühl des baldigen Verlusts hat mich sehr traurig gemacht.

Das Pandemiejahr 2020 war rückblickend schrecklich. Ich hatte mich innerlich zurückgezogen und es ging mir sehr schlecht. Ich wusste, ich würde meinen Vater auch bald betrauern. Ihm nicht helfen zu können bei seiner Erkrankung, seinem schweren Leiden.

Vieles hat sich seither gewandelt. Seit mein Vater im November 2020 starb, bewege ich mich anders durch mein Leben. Manchmal scheint mir, als würde ein Teil fehlen, dann wieder spüre ich, wie ich weitergehe, ohne ihn, und es auch gut ist. Das Leben ist nun anders, seit er nicht mehr lebt.

Oftmals würde ich gerne wissen, was er über mein jetziges Leben denkt. Dass ich das tue, was keiner bisher in unserer Familie gemacht hat. Die Reaktion kann ich mir schon vorstellen. Er wäre stolz, würde es dezidiert und sehr pointiert zur Sprache bringen: „Da het sie nöd vo mir.“

Ich denke sehr oft an ihn, besonders wenn ich glücklich bin und das ist nicht selten. Ich frage mich oft: was würde Papi dazu sagen?
Ich weiss aber auch, dass er gar nicht gewollt hätte, dass ich in irgendeiner Art schwermütig wäre. Das Leben ist ein Kreislauf. Wenn ein Baum gefällt wird oder im Sturm umstürzt, wächst etwas Neues.

Auf ein neues Lebensjahr!