Seit ich die Werkstatt zu meinem Büro umfunktioniere, ist mir mein Opa Walter wieder sehr präsent. Ich hätte nie gedacht, dass aus dem türkisfarbenen, vollgemüllten Raum mal ein leeres, weissgestrichenes Zimmer werden könnte.
Ich muss, während ich renoviere, sehr oft an Opa denken. Am 7.1. ist sein Todestag 18 Jahre her. Bald lebe ich in seinem Haus, das er 1984 von seinem Vater Henri geerbt hat. Hier, im Keller, hat Opa gewirkt. Der Keller ist eine alte Wäscherei, die wahrscheinlich irgendwann nach 1840 entstand.
Anfangs der 1980er wurde Opa arbeitslos. Er fand keinen Job mehr und war noch nicht mal 60 Jahre alt. Stattdessen zog er ins Toggenburg und pflegte seinen Vater und seine Stiefmutter Röös. Ich weiss nicht wirklich, wie es ihm dabei erging. Es war wohl nicht einfach. Mein Opa war ein zartgliedriger, eher mittelgrosser Mann. Mein Urgrossvater hingegen war kugelrund und schwer. Mir ist es ein Rätsel, wie er es jeweils geschafft hat, ohne pflegerische Kenntnisse, meinen Uropa zu bewegen.
Meinen Opa Walter habe ich noch immer in jenem Blaumann vor Augen, wenn er Holz sägte, oder Regale zusammenbastelte. Er liebte seine Märklin, seine Briefmarken und seine Instrumente. In jungen Jahren war er ein begabter Musiker. Seine im Krieg erworbene Angst vor Zahnärzten verunmöglichte ihm später, weiter Musik zu machen. Die Zähne fielen ihm bis auf einige wenige alle aus. Lieber litt er Schmerzen als nochmals einen Zahnarzt aufzusuchen.
Als er starb, träumte ich davon, dass ich in einem Jeep durch einen von Buchen bewachsenen Wald fuhr. Ich wusste, irgendwo ist mein Opa. Ich fand ihn in einer Grotte, die dem Keller glich. Wir tauschten unsere Overalls. Und dann fuhr Opa wieder davon. Ich hingegen blieb.
Und nun schleife ich die Wände ab, streiche und alles wird neu. Opa aber ist noch immer da. Ich wünsch mir so sehr, er hätte Tagebuch geschrieben. Irgendwas, damit er greifbarer würde.