was man alles verliert

als angehöriger eines demenzkranken menschen verliert man vieles.
man muss den einst geliebten menschen loslassen, mit dem man wunderbare gespräche führte und der immer für einen da war.
man verliert den menschen, der einen ein leben lang beschützt hat.
irgendwie verliert man einen teil seiner eigenen geschichte. der mensch, der sie mit dir hätte erzählen können, erinnert sich nicht mehr daran.

so mit acht begriff ich, wie wichtig meine grosseltern für mich waren. omi und opi waren die absolut lebensnotwendigsten menschen für mich. omi war kioskverkäuferin und kannte jede süssigkeit und jede kinderzeitschrift. trotz allem sprach sie meine sprache und akzeptierte mich wie ich war. von ihr kam niemals: „sei anders!“ mir scheint heute, als hätte sie schon früh mein wesen begriffen. meine gespräche mit ihr waren immer sehr viel ehrlicher als mit allen anderen menschen in meinem umfeld. mit ihr konnte ich über mein leben, meine freundschaften, meine sehnsüchte und meine wünsche sprechen. omi verstand mich immer.

vielleicht ist es das, was mich jetzt fast verzweifeln lässt. ich verliere diesen wunderbaren menschen, meine omi. alles, was wir einst gemeinsam hatten, zerstreut sich. die worte verschwimmen langsam. es bleiben umarmungen, berührungen und tränen.

paula ist wütend, weil ihr gedächtnis immer schlechter wird. sie hasst sich, weil sie ihre schlüssel, ihr portemonnaie und ihre notizzettel nicht mehr findet.
ich bin verzweifelt und wütend, weil ich es fast nicht ertrage, paulas zerfall mitanzusehen, ohne etwas verrichten zu können. ich stehe da und bin hilflos. so habe ich mir das nicht vorgestellt.

2 Gedanken zu “was man alles verliert

  1. Für Angehörige ist es einfach brutal! Es braucht verdammt viel kraft! Ich sende etwas Kraft als unterstützung! Ich hoffe es hilft ein klein wenig.

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  2. Ich kann das nachfühlen. Nur ein bisschen zwar. Plötzlich sollte ich meinen Schwiegervater „kontrollieren“, z. Bsp. ob er das Buch, das er nach einem Vortrag in den Händen hält und nach Hause nehmen möchte, wirklich bezahlt hat. Schlussendlich nahm er dann doch drei identische Bücher heim und hat natürlich nur eines bezahlt. Gelesen hat er es glaube ich nicht. Aber schief angeguckt wurde ICH, weil ich meinen Schwiegervater derart kontrollierte und fragte, ob er das Portemonnaie überhaupt dabei habe. Dabei hatte ich grössten Respekt vor ihm als Person, als Schwiegervater. Und nun wurde er mehr zum mehr zum Kind. Diese Krankheit, welche er am meisten gefürchtet hatte, überkam ihn nach und nach. Und uns Angehörige auch…. Als ich ihn gegen Ende seines Lebens füttern sollte, konnte ich es nicht. Ich sah in ihm nicht ein Baby, sondern meinen Schwiegervater, den ich respektierte, vor dem ich Achtung hatte – bis zuletzt. Sein Humor behielt er übrigens bis zum letzten Atemzug. Er konnte über seine „Vergesslichkeit“ und dass er Leute nicht mehr erkannte, selber lachen.

    Ich wünsche dir viel Kraft, Geduld und Liebe.

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