Angst

Eine jener Ängste, die mich die letzten Jahre, bevor Paula ins Pflegeheim eintrat, umgab, war jene, dass sie überfallen oder ausgeraubt werden könnte. Sie lebte all die Jahre in ihrem Haus, das ihr so ans Herz gewachsen war und welches sie am Schluss so sehr gehasst hat.

Paula hatte während Jahrzehnten gerne telephoniert und es machte mich mehr als einmal misstrauisch, wenn sie mir erzählte, sie hätte mit netten Menschen geredet. Die Krankenkasse, die sie zu einer höheren Franchise überreden wollte, ist hier nur ein Beispiel. Zum Glück hatte sie einen guten Betreuer, der ihr in Vertragssachen half.

Besonders wütend machten mich die sogenannten „Stündeler“, wie Paula sie nannte. Das waren Sektierer, die ihr Bücher und Prospekte andrehten. Wenn ich gekonnt hätte, wäre ich bei all jenen unehrlichen Menschen vorbeigegangen und hätte sie verflucht.

Ich wusste, dass Paula bald nicht mehr selber würde entscheiden können. Doch ich hatte keine Ahnung, wie man ein solches Gesuch stellt. Ich hatte das Gefühl, dass Paulas grösstes Gut die Autonomie war und als Enkelin lag es mir fern, einfach so über meine Oma zu bestimmen.

Mit 30 stellt man sich keine Fragen übers Altwerden. Ich hätte es vielleicht tun sollen.

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