Weihnachtsessen und Zweisamkeit

Nach einem langen und anstrengenden Arbeitstag fuhr ich mit Sascha ins Toggenburg. Weihnachtsessen im Pflegeheim mit Paula.

Der Abendverkehr ist träge. Es ist kalt.
Das Toggenburg aber ist in festliches Licht getaucht. Ich muss an all die Male denken, wo ich mit meinem Vater mitgefahren bin und wie meine Schwester und ich beleuchtete Christbäume gezählt haben. Heute sind da fast keine mehr.

Das Pflegeheim ist festlich geschmückt. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind wie immer gut gelaunt und hilfsbereit. Omi Paula sitzt auf einem Stuhl im Gang und sieht grau und traurig aus. Eine Pflegende tröstet sie. Als Omi uns erblickt, strahlt sie. Sie hatte Angst, wir würden sie vergessen. Welche Ironie.

Wir nehmen Platz. Reden. Trinken. Essen. Omi hat Mühe mit dem vielen Besteck vor sich. Zwei Messer. zwei Gabeln. Ein Löffel. Eine kleine Gabel. Ein Rotweinglas. Ein Weissweinglas. Ein Wasserglas. Es verwirrt sie.

Omi hat wenig Appetit. Zum Glück, denke ich. Letztes Jahr konnte sie sich kaum bremsen. Wir reden wenig. Omi schaut fasziniert einem anderen Bewohner zu, der mit starken Spasmen in seinem Stuhl sitzt.

Dann, mit einem Mal schaut sie Sascha und mich an und lächelt uns zu.
„Gell, ihr zwei, es wär schono schö, wenn ihr beidi mol zäme chönntet si und’s schö mitenand händ.“
Verschmitzt widmet sie sich wieder ihrem Essen.

 

Übersetzung:
„Nicht wahr, ihr beiden, es wäre wunderbar, wenn ihr zusammen wärt und Sex miteinander hättet.“

4 Gedanken zu “Weihnachtsessen und Zweisamkeit

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