Was für ein bewegtes Jahr!

Anfangs Jahr fürchtete ich mich sehr vor dem, was mir dieses 2013 bringen würde.

Meine Aufgaben wurden nicht weniger. Ich kümmerte mich nach wie vor um Paulas Haus, die Wiese, das Gehölz. Ich versuchte teilweise das Haus zu räumen, defektes Zeugs zu entsorgen. Ich mähte zum ersten Mal die Wiese. Ich schnitt den Goldregen und befreite ihn von den alten Ästen.

Der Winter dauerte aussergewöhnlich lange und ich war mehr als einmal froh, dass Paula nicht mehr in ihrem Haus lebt, sondern betreut wird. Der Toggenburger Winter ist hart!

Im Mai wurde Paula 85 Jahre alt. Wir feierten diesen Tag, indem wir gemeinsam ins Haus gingen. Paula war berührt und froh, dass sie danach wieder „nach Hause“ ins Pflegeheim gehen konnte.

Paula stürzte im Spätsommer im Pflegeheim, brach sich Knochen und erholte sich aber rasch wieder. Zwar musste sie einige Zeit mit dem Rollator herum laufen, doch mit ihrer aufgestellten und nach vorne gerichteten Art und der Unterstützung durch die aufmerksamen und liebevollen Pflegenden, schaffte sie diese schwierige Situation in der ihr eigenen Art.

Immer wieder treffe ich Menschen, die wie ich Angehörige von Menschen mit Demenzerkrankungen sind. Das Gespräch und der Austausch mit ihnen tröstet mich, denn ich bemerke immer wieder von neuem: wir sind nicht alleine. Es ist so immens wichtig, sich nicht zu verstecken, sondern über die Erfahrungen, Erlebnisse und manchmal auch sehr traurigen Begebenheiten zu sprechen. Wer schweigt, vereinsamt.

Ich bin gespannt, was 2014 mit sich bringen wird und ob sich meine Träume erfüllen. Ich bin neugierig und ängstlich, wie sich Paulas Gesundheitszustand entwickeln wird. Ich wünsche ihr so sehr, dass es ihr gut geht, sie nicht leiden muss und zufrieden ist.

Das Zürcher Sechselüüte

Wenn ich bei meinen Grosseltern war, in den Frühlingsferien, war das „Sechselüüte“ einfach Pflicht. Mein Grossvater Walter stand dann breitbeinig da, die Hände auf den Hüften und erklärte mir die jüngere und ältere Schweizer Geschichte. Dies tat er leidenschaftlich und mit grosser Sachkenntnis. Paula erfreute sich an den Kostümen und den vielen Blumen.

Aber der Höhepunkt war das Verbrennen des Bööggs. Mein Opa Walter konnte den Sechselüüte-Marsch sowohl mitsummen als auch auf Trompete oder Saxophon mitspielen. Wie habe ich diese Einlagen geliebt. Zwar traf mein Opa mangels vorhandender Zähne nicht mehr jeden Ton, doch seine Leidenschaft für die Musik war spürbar! An solchen Abenden nahm ich meinen Opa als den Musiker wahr, der er war. Für wenige Momente konnte ich den jungen, ungestümen Swing-Musiker vor meinem geistigen Auge sehen.

Heute abend habe ich das Sechselüüte gesehen. Ich musste an 1988 denken. Ich war 11. Alles stimmte. Alle lebten noch. Alles war in meiner kindlichen Welt in Ordnung.