Wo zieht es mich hin?

Als ich 16 Jahre alt war, zog ich von zuhause aus, floh vor der Mutter, die mich nicht verstand und dem Vater, den ich so gern hatte. Erwachsensein. Selbständigkeit. Mich verlieben. Französisch lernen. Mondän sein.

Ich war das Gegenteil von alledem.
Ein Kindskopf. Pickelig. Unsicher. Kindlich.
Ein ganzes Jahr habe ich abseits meines geliebten Thurgaus gelebt.
Ich hab die Romandie in jeder Jahreszeit gesehen. Lavaux im Herbst. Ich lieb es.
Ich hab so viele Filme gesehen. Mich in Genf verliebt.

Dann kam ich zurück.

Währenddessen war die Ehe meiner Eltern vollends am Ende. Meine Mutter war so unglücklich, dass sie ging und sich traute, ihr eigenes Leben zu leben. Da war sie 43, sieben Jahre älter als ich jetzt. Mutter von drei Kindern, eines davon tot.

Nie wieder wollte ich hier weg.

Eine Weltreise kam für mich nie in Frage. Mehr als fünf Tage nicht in meinem eigenen Bett schlafen, war mir eine Qual. Schliesslich lebten hier all jene Menschen, die ich liebte: mein Vater, meine Mutter, Paula und mein Grossvater.

Jetzt leben nur noch mein Vater und Paula. Alles, was von meiner Familie übrig geblieben ist, lässt sich einstellig beziffern. Nichts hält mich mehr hier, möchte man glauben.

Doch dann sind da diese wunderbaren Landschaften. Die sanften Hügel des Thurgaus, das Toggenburg, verbunden durch die Lebensader, der Thur. Meine Vorfahren lebten an ihrem Ufer.

Ich kann mir nicht vorstellen, hier weg zu gehen. Ich bin wie ein Baum, der seine Wurzeln tief in die Erde geschlagen hat.

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