Manchmal durften wir Kinder am 25. Dezember bei den Grosseltern bleiben. Die Tage bis Neujahr verbrachten wir mit Spielen (mit den Puppen, der Märklin-Eisenbahn unter strenger Aufsicht Walters, Briefmarken einordnen, Vogelfutter sortieren, Malen, schreiben, lesen) und Fernseh schauen. Da das Haus bis heute keine moderne Heizung hat, sondern via Holzofen in der Küche geheizt wird, war es sehr kalt. Wir trugen mehrere Pullover, warme Socken und froren aber trotzdem immer. Ich werde den Geruch von brennendem Holz und Tomaten-Spaghetti nie mehr vergessen. Paula kochte wahre Festmähler für uns: ihr legendäres Voressen, dessen Rezept ich leider nicht kenne, Rösti mit Spiegelei und Kuhfladenspinat und Buchstabensuppe.
An Silvester schauten wir alte Filme und hörten zu, wenn die Grosseltern über längst vergangene Zeiten sprachen. Während der Neujahrsböller kümmerten wir uns alle um Barri, den Hund, der furchtbare Angst hatte. Opa fürchtete immer, das Haus könnte anfangen zu brennen.
Am Neujahrsmorgen standen wir rechtzeitig auf, um in der engen, getäferten Stube das Neujahrskonzert zu hören. Ich erinnere mich an das Konzert von 1993, das wir zusammen erlebt haben. Mein Grossvater, ganz der Musiker von früher, obwohl er mangels Zähnen längst kein Blasinstrument mehr spielen konnte, war in seinem Element. Er dirigierte, kommentierte und summte mit, tanzte sogar kurz ein wenig mit Paula. Diese beschwerte sich jeweils, wenn er zu viel redete, während sie doch die Musik geniessen wollte.
Seither schaue ich das Konzert und schwelge für kurze Momente in meiner Kindheit, denke an meine Grosseltern und vermisse sie. Ich bin dankbar für all die Liebe, die sie mir entgegen gebracht und für alles, was sie mir fürs Leben mit gegeben haben.