Ab in die Mulde

Das Haus unserer Nachbarin wird seit Montag geräumt. Es ist nur schwer erträglich, Zeuge zu sein, wie ihr Besitz in der Mulde landet. Ein ganzes Leben hat Platz in einem Container. Es ist zudem belastend, dass die Mulde noch immer da steht, selbst wenn an ihrem Haus interessierte Leute vorbei kommen.

Es erinnert mich sehr an die Räumung der Wohnung meiner Mutter. Nur hatte ich da kein Geld für eine Mulde. Ich trug Migros-Tüte für Migros-Tüte die vielen Treppen hinunter in mein Auto.

Ich wusste genau, wenn das Sozialamt die Wohnung räumt, dann darf ich nichts behalten. Meine Mutter bat mich, ihre Sachen aufzubewahren. „Für später“, sagte sie. Welches Später meinte sie wohl? Wir wussten beide, dass sie nicht mehr lange lebt.

So schleppte ich ihren Besitz in meinen Keller. Sie starb wenige Tage, nachdem ich ihre Wohnung geräumt, geputzt und dem Vermieter übergeben hatte.

Mit Omis Sachen war es zum Glück anders. Omi vergass langsam, was sie besass. Ich brauchte ihre Kleider nicht zu entsorgen, denn sie hatte sie ja mitgenommen ins Pflegeheim.

Ich bin umgeben von ihren Dingen, ihren Fotos. Und manchmal hab ich das Gefühl, dass ich sie so nicht ganz verloren habe.

Nachtrag: So lange die Mulde da steht, kommen wir mit dem Auto nicht mehr bis zum Haus.

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