Nachtrauern

Fast ein halbes Jahr lebe ich nun schon ohne Omi.
Meine grosse Erschöpfung ist gewichen und ich bin froh darum.
Ich bin manchmal traurig, dass Omi das Haus (und die neue Elektrik!) nicht sehen kann.
Dass sie nicht dabei ist, wie ich und Sascha hier leben, wo sie fast 30 Jahre lang gelebt hat.
Dass sie unseren Garten und ihre geliebten Johannisbeeren nicht sehen kann.
Dass sie nicht am Langen Tisch dabei war, wo sie doch Zusammensitzen und Essen immer so geliebt hat.
Dass sie nicht dabei ist, wenn ich 40 Jahre alt werde.

Ich frage mich nach wie vor, wozu das alles gut war, was wir gemeinsam erlebt haben.
Auf den Schmerz, die Tränen, die Sorgen könnte ich gut verzichten.

Manchmal erfahre ich, dank Omi und unserem Buch, Geschichten von Menschen.
Ich bekomme diese Geschichten wie kleine Umarmungen erzählt.
Dann ist zwar meine Trauer um Omi immer noch da und tut auch weh.

Wir alle leiden, wenn unsere Eltern und Grosseltern älter werden.
Zuzusehen, wie sie krank oder vergesslich werden, ist schwierig, denn wir haben noch immer unser Bild von ihnen, wie sie in unserer Kindheit, Jugend oder später agierten.
Eltern und Grosseltern so gebrechlich zu sehen, verletzt.

Aber irgendwie freut es mich auch, wenn Menschen dank Omis Geschichte über ihre eigenen Erfahrungen mit Demenz sprechen, es nicht für sich behalten, sondern offen sagen: so war es für mich.

Omi und ich (2) (685x582)

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