Wie das so war.

Ich erinnere mich an den Bauch meiner Mutter, als sie meinen Bruder drinne hatte. Ich weiss noch genau, wie ich den Kopf hinhielt und seine Fusstritte spürte. Das war für mich ein wahres Wunder.
Ich freute mich so sehr, obwohl ich keine Ahnung hatte, was das bedeutete.

Den Tod meines Bruders bekam ich nur dunkel mit. Ich erinnere mich daran, dass von einem Moment auf den anderen Paula da stand und mich umarmte und weinte. Es war Nacht.
Das nächste, was ich wirklich klar vor meinen Augen sehe, ist meine Mutter, die in einem dunkelgrün gekachelten Badezimmer auf dem Klo sitzt und weint.

Meine Mutter erzählte mir danach, dass ich mit einem Bodenputzlumpen zu ihr hin marschiert sei und ihn ihr hingehalten habe mit den Worten: „Hör bitte auf zu regnen, Mami.“

Irgendwann wurde meine Mutter wieder schwanger.
Sie gebar meine kleine Schwester und ich begriff, dass sie ein Schatz war.
Für meine Eltern war sie ein Geschenk des Himmels, vom lieben Gott oder wem auch immer.
Für mich war sie ein seltsames, blondes blauäugiges Wesen.

Ich war vier Jahre älter als meine Schwester. Vier Jahre sind sehr viel.
Für mich war Sven immer präsent, aber sie hat ihn nie erlebt.
Trotzdem musste meine Schwester die Erinnerungen an ihn ertragen.

Meine Mutter hat mehr als einmal zu meiner Schwester gesagt:
„Für mich bist du zwei Kinder!“
Nur meine Schwester allein kann ermessen, was das für ihr Leben bedeutete.

Ich schreibe dies im Gedanken an meine Schwester, die ich sehr vermisse, weil ich sie viel zu selten sehe. Aber: sie lebt. Und das ist das wichtigste von allem.

Ein Gedanke zu “Wie das so war.

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