Omi Paula hat ihre Kindheit überlebt.
Sie wuchs in Wil SG in ärmlichen Verhältnissen auf. In den Kriegsjahren erkrankte sie an Hirnhautentzündung und ist fast daran gestorben. Vor einigen Tagen fiel mir das Negativ eines Photos in die Hände. Omi hat mir das Photo unzählige Male erklärt.
Im Hintergrund steht Tante Bibi. Sie ist die Älteste und trägt eine Brille. Und dann stehen dann Sepp, Hadi und Hans. Paula sitzt im Kinderwagen.
Paula kann nicht mehr laufen, nicht mehr sprechen. Sie leidet unter Wutausbrüchen, während denen sie sich die Haare vom Kopf reisst. Paula hat schreckliche Schmerzen. Sie erzählt mir später, man habe ihr Eiter aus dem Körper entnommen. Ich erinnere mich an tiefe Narben, die sie mir hin und wieder gezeigt hat, um mich wegen meiner eigenen Narben zu trösten. Ich wusste Omi versteht mich.
Das Bild verstört mich zutiefst. Es zeigt Kinder in einer Zeit, wo alles auf der Kippe stand. Meine Grossonkel Sepp und Hans, sowie Grosstante Hadi sind längst tot. Aber Paula hat überlebt. Es ist ein Wunder. Denn, wenn sie nicht gewesen wäre, hätte es meine Mutter nie gegeben.
Ich mag nicht ergründen, wie schrecklich Omi Paulas Krankheit war. Ich weiss nur, dass Ärzte Kindern jahrelang Schmerzempfinden abgesprochen haben. Das Bild dieses kleinen Mädchens berührt mich. Ich empfinde es als eine Ironie des Schicksals, dass Paula jetzt im hohen Alter all das überlebt hat und alles vergisst, so hätte niemals ein Krieg oder eine Krankheit existiert.
Liebe Zora, Danke, Du bist unbestechlich, immer professionel, und leidenschaftlich leidenschaftslos, wenn es gilt, die Wahrheit dingfest zu machen. Das ist selten und ich schätze Dich dafür sehr. WANN kommt Dein Buch ?
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