Als ich vielleicht 13 oder 14 Jahre alt war, begleitete ich meinen Vater jeweils mit dem Velo, wenn er für seine Läufe trainieren ging. Wir wohnten am Hüttwilersee und ich denke, die Seenplatte war auch sein liebster Trainingsort.
Wenige Jahre zuvor war ich an beiden Hüftgelenken operiert worden. Sport und vor allem Laufen war für mich damals keine Option mehr, da ich wenig Kraft und Angst vor Stürzen hatte.
Mein Vater und ich waren uns immer sehr nahe. Nachdem er seinen Job gewechselt hatte – er hatte viele Jahre auf dem Bau gearbeitet, schliesslich hatte er eine Stelle als Schulhauswart angenommen – war er uns Kindern noch näher als vorher. Wir konnten mit allen Sorgen jederzeit zu ihm gehen, ein Luxus, den viele Kinder nicht haben, deren Väter abwesend berufstätig sind.
Er motivierte mich, nach meinen drei langwierigen OPs, ihn bei seinen Trainings zu begleiten. Das tat ich schliesslich. Er instruierte mich genau, wo ich auf ihn warten sollte, beschrieb die Kreuzungen und Wege. So lief er los und ich fuhr mit dem Velo, leicht zittrig zu jenen Orten.
Ich erinnere mich an jenen einen Abend, ich weiss nicht, war es Frühling oder Herbst, als die Sonne leicht durch den Nebel auf den Hüttwilersee schien. Die Felder leuchteten. Ich war sehr bewegt und glücklich.
Noch glücklicher war ich jeweils, wenn mein Vater zur abgemachten Zeit an meinem Warteort vorbei lief, ich ihm sein isotonisches Getränk reichen und hinterher fahren konnte.
Ich erinnere mich an seine Stimme, die Instruktion, wo ich wann als nächstes warten sollte. Ich fuhr los.
Später, so mit 16 oder 17 hatte ich dann ein Töffli, eine Chopper, die gnadenlos klang und die ich von Herzen liebte. Bis ich schliesslich die Autofahrprüfung machte, begleitete ich ihn mit diesem Höllengefährt bei Trainings, kurzzeitig am Frauenfelder. Ich war furchtbar stolz, auch wenn mir manchmal fast die Finger abgefroren sind.
Es ist schon seltsam, woran man sich erinnert, wenn man sich drauf einlässt. Auch wenn es weh tut.
Mein Vater fehlt mir sehr. Aber ich bin auch dankbar für all jene schönen Erfahrungen, wo er mir Mut gemacht hat, mit meiner Beeinträchtigung klar zu kommen und einen Scheiss drauf zu geben, was andere von mir denken. Ich denke, das ist es, was die Aufgabe von Vätern und anderen liebenden Menschen ist: Ermutigen. Lieben. Stärken.





