Heute.

Svens Todestag ist einen Tag vor Saschas Geburtstag.

Ich hab mir dieses Jahr vorgenommen, nicht zuhause zu sitzen und zu trauern, sondern rauszugehen.

Man soll den Dingen einen Sinn geben. Ich hab bis heute keinen Sinn in Svens Tod gefunden. Es hat sich nichts zum besseren verändert. Ich habe nichts daraus gelernt.

35 Jahre sind eine lange Zeit. Ich war bestimmt schon seit einem Jahr nicht mehr an seinem Grab. Eine Freundin hat mich vor einigen Monaten gefragt: „Warum trauerst du so lange?“

Ich wusste keine Antwort, überlege mir, dass ich vielleicht nichts anderes kenne?

Um einen Menschen zu trauern gibt Lebenssinn. Doch ich würde lieber etwas schaffen, anstatt Löcher zu stopfen. Rückwärts gewandt leben ist nicht so mein Ding. Und trotzdem ist das seltsame Gefühl da, ihn nicht einfach vergessen zu wollen.

Als ich im Haus entdeckte, dass auch mein Grossvater eine vergessene, tote Schwester hatte, wurde mir einiges klar. Das Gefühl, dass jemand da in der Familie ist, den man nicht fassen kann, kenne ich mein Leben lang.

Ich hab das Gefühl, mein Bruder gehört zu mir.

Als meine Mutter im Sterben lag und nicht gehen konnte, hat Paula gesagt: „Du wirst deinen Sven wieder sehen.“

Auch ich hab es zu meiner Mutter gesagt, in der Hoffnung, sie könnte dann endlich sterben. Aber geglaubt hab ichs nicht.

Wenn jemand stirbt, würde ich sein Leben feiern wollen. Die Dankbarkeit, dass ein Mensch gelebt hat, ist grösser als die Trauer, dass er nicht mehr da ist. Doch bei Svens Tod geht die Rechnung einfach nicht auf. Vielleicht, weil er nie richtig leben durfte?

Morgen ist Saschas Geburtstag. Das ist wichtig. Das will ich feiern.

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