Heute vor fünf Jahren starb meine Omi Paula im Alter von 88 Jahren.
Gemessen an dem, was sie als Kind erlebte und überstand, wurde sie uralt. Sie selber hat sich immer wieder darüber gewundert, wie alt sie wurde. Während des Zweiten Weltkriegs ist sie an einer schweren Hirnhautentzündung erkrankt und keiner hat daran geglaubt, dass sie das alles überlebt, ausser ihrer Mutter.
Omi war für mich der wichtigste Mensch in meiner Kindheit, meiner Jugend und auch später. Sie war liebevoll, geduldig und fröhlich. Sie liess nie einen Zweifel daran, dass sie mich, ihre erste Enkelin, über alles liebte und daran glaubte, dass ich alles schaffe, was ich mir vornehme. „Es chunnt schon guet, wenn dä Herrgott will“, hat sie gesagt.
Wir erlebten sehr viel miteinander: sie begleitete mich an Kreisturntage, besuchte Theateraufführungen, in denen ich als Kind auftrat, wir reisten zusammen nach Berlin, Luzern, Stein am Rhein und Zürich. Wir trauerten gemeinsam um Opi, der fast auf den Tag genau 20 Jahre vor ihr starb. Wir begleiteten meine Mutter, ihre Tochter Uschi, gemeinsam in den Tod.
Omi und ich, da passte kein Blatt dazwischen.
Wenn sie heute noch leben würde, und wir beide jünger wären, hätten wir vielleicht einen tiktok-Account zusammen. Omi war einfach immer cool. Ich war immer unglaublich stolz auf sie, weil sie so ein offener, herzlicher Mensch war.
Weniger cool war ihre Demenzerkrankung. Sie forderte mich heraus und ich musste mit anfang 30 richtig viel lernen. Ich bin, trotz allem sehr dankbar. Es gibt Sätze aus Omis Mund, die vergess ich nie: „Werde so alt wie ich, dann schauen wir weiter.“ Sie hatte so sehr recht. Ich denke sehr oft an jene Tage zurück, als Omi noch im Pflegeheim lebte. Ihre Worte, ihre Liebe, ihr langsames Vergessen. Das alles ist da und verschwindet doch langsam.
Trotz aller Trauer um sie bin ich froh, dass sie in diesen Tagen nicht mehr lebt. Ich weiss nicht, wie ich das Abschiednehmen überstanden hätte, wenn ich sie nicht mehr einfach so hätte sehen können. Corona ist ein Arschloch.
Fünf Jahre sind eine lange Zeit. Fünf Jahre sind nichts.


























