Mein Rückblick auf ein seltsames Jahr

Nie und nimmer hätte ich mir vorstellen können, was in diesem Jahr alles geschieht. Ich glaube, ich kann sagen, in meinem Leben ist kein Stein auf dem anderen geblieben.

Im Frühling hat mich, wie viele andere auch, der Shutdown sehr getroffen. Ich bemerkte, wie sehr mir meine Freundinnen fehlen und wie gut mir unser Austausch immer tat. Dass neben vielen Anlässen und Feiern und Festen die Jagdprüfung auf Eis gelegt wurde, hat mich sehr beschäftigt. Ich hatte so viel Zeit und Energie zum Lernen investiert und fiel zuerst in ein Loch. Doch ich erfuhr Unterstützung von Jägern hier im Ort und so durfte ich richtig viel mitgehen und ansitzen und meine ersten Erfahrungen als Jägerin machen. Die Begegnungen in der Natur, die Erfahrung von Stille und Konzentration, die Auseinandersetzung mit Leben und Tod, haben mich sehr geprägt und gestärkt, so dass ich den Frühling und den Sommer gut überstand.

Während des Shutdowns wurde mein Vater zunehmend pflegebedürftiger. Seine Erkrankung schritt rasch voran. Ihn leiden zu sehen, war schrecklich für mich und stellte auch mein Bild der professionellen Pflege in Heimen oder zuhause zunehmend in Frage. Wir sahen uns einige wenige Male. Er schenkte mir im Sommer seine Gartenlounge und sein General-Guisan-Porträt. Ich war sehr gerührt und dankbar, aber ich ahnte auch, dass sehr rasch alles anderes werden würde.

Im Sommer wurde meine geliebte Katze krank. 18 Jahre war sie an meiner Seite. Sie zu verlieren, war sehr traurig. Dennoch war ich dankbar; so viele Jahre mit einem Haustier Zeit verbringen zu dürfen, ist selten. Dass wir einige Tage nach Dreizehntels Tod auf Fauci und Aelfric im Tierheim Nesslau aufmerksam gemacht wurden, war eine wunderbare Sache und wir sind unseren Freundinnen Vreni und Stella sehr dankbar. Ein Leben ohne Katze ist möglich, aber sinnlos.

Auch beruflich änderte sich mein Leben sehr rasch und komplett. Nach über 21,5 Jahren direkt in der Betreuung und Begleitung mit meinen Klienten, wechselte ich meine Funktion. Das war für mich im September ein wichtiger, auch sehr emotionaler Schritt, der mich glücklich macht. Panta rhei!

Mein Leben als Autorin war nicht minder spannend, zwar fielen sämtliche Auftritte und Lesungen aus, doch ich war nicht untätig. Ich schrieb für Magazine, bloggte oft. Was 2021 in der Hinsicht bringen wird, weiss ich noch nicht, doch ich bleibe offen für alles.

Im November 2020 verschlechterte sich der Zustand meines Vaters dramatisch. Ich musste mich nun mit seinem baldigen Tod auseinandersetzen. Ich war dankbar, dass mein Vater und ich immer geklärt und friedlich miteinander um- und auseinander gingen. Das erleichterte mein Loslassen, linderte aber nicht die Trauer, die mich umgibt. Dankbar war ich für jenen einen Nachmittag an seiner Seite, ich in Maske, ohne ihn umarmen zu können, wo wir noch miteinander reden konnten. Einige Wochen später verbrachte ich den Nachmittag bei ihm, weinte, erzählte ihm ein Märchen. Kurz nachdem ich ihn verliess, starb er.

Die Weihnachtszeit ist tatsächlich schwierig, weil mir bewusst ist, wie viel ich in diesem Jahr verloren habe, trotz aller Dankbarkeit für Geschenktes. Umso bewusster pflegte ich in den letzten Wochen den Kontakt zu meinen Freundinnen, die, neben meiner Arbeit, mein einziger sozialer Kontakt in der Woche waren.

Weihnachten war für mich lange Jahre die Zeit, wo ich mit Papi und seiner Frau essen ging, wo wir uns gut unterhielten, unsere Verbindung pflegten und uns frohgemut und dankbar wieder verliessen. Er fehlt mir sehr. Umso dankbarer bin ich dafür, dass wir am 27.12. Vaters Frau sehen dürfen. Sie ist noch das letzte, was mir vom Gefühl Familie geblieben ist.

Ich schaue, trotz Pandemie, hoffnungsvoll in die Zukunft. Ich kann gar nicht anders. Zwischendurch streichle ich Aelfric und Fauci und denke:
Alles kommt gut. Es muss einfach.

Zwei Monate ohne Dreizehntel

Am 16. Juli, vor zwei Monaten, verstarb Dreizehntel, unsere wunderbare, alte Katze. Sie fehlt. Unser Leben ist ohne sie ein ganz anderes.

Wir entschieden uns in der Woche als sie starb, zwei Katzenkinder bei uns aufzunehmen. Unsere Freundinnen Stella und Vreni haben uns bei der Entscheidung unterstützt. Ein Leben ohne Katzen? Für uns unvorstellbar. Gerade während des Shutdowns war unser Dreizehntel für uns Trost und Freude.

Nun leben Fauci („Fautschi“ – ja, wie der amerikanische Epidemiologe) und Aelfric (den Namen hat Sascha ausgesucht) seit bald zwei Monaten bei uns. Sie haben uns in vielen Momenten der Trauer mit ihrer verrückten, wilden Art getröstet.

Fauci war anfangs sehr scheu. Wir wissen nicht genau, was sie alles erlebt hat. Sie hat grossen Respekt vor Händen und es ist jedes Mal ein besonderes Gefühl, wenn man sie streicheln kann. Aelfric hingegen ist ein wilder, verschmuster, lustiger Kater. Er liebt Wasser, Milchschaum, Fressen, Streicheleinheiten und – Fressen. Fauci liebt unsere Schmutzwäsche, vor allem die 40°C Zaine hat es ihr angetan. Sie wird täglich mutiger und wir bemerken, wie klug sie ist. Sie ist eine wunderschöne, kleine Katze.

Immer wieder gibt es Momente, wo wir an unser liebes Dreizehntel denken, wo mich die Tränen übermannen, weil ihre herzige Art, das Streicheln ihres wunderbaren Fells, ihr Gurren, fehlen. Aber irgendwie ist sie trotzdem immer bei uns. Vor allem, wenn die „Kleinen“ Blödsinn machen, die Möbel zerkratzen, Geschirr zerdeppern, aus Gläsern und Tellern fressen, an meinen Haaren chaffeln, in Saschas Zehen beissen, in die Wanne fallen, während ich drin sitze.

Farewell my friend

Gestern war der Tag, wo sich unsere Wege nach fast 18 Jahren getrennt haben. Ich wusste, dass es bald soweit sein würde, dennoch wurde ich überrollt, wie schnell es vor sich ging.

Am Tag nach meinem Geburtstag wecktest du mich im Bett. Du wolltest vom Milchschaum meines Kaffees. Das war während vieler Jahre unser Morgenritual. Du hast jeweils drei Mal meinen Finger voller Schaum abgeleckt, dann bist du aus dem Schlafzimmer, die Treppe hinab gesprungen.

Im Laufe des Tages verliessen dich deine Kräfte sehr schnell. Du verbrachtest den Montag an der Sonne liegend auf Saschas Bürostuhl, zufrieden und ruhig. Am Dienstag mochtest du nicht mehr herumlaufen, sondern schliefst einfach auf dem Teppich. Am Abend dann bist du ins Bad gegangen und hast dich dort auf den Badewannenvorleger gelegt. Am Mittwochmorgen wussten wir, dass wir der Tierärztin Bescheid geben würden. Wir wollten dich nicht mehr irgendwo hin transportieren.

Du hattest ein seltsames, sehr kätzisches Wesen. Du warst zärtlich, aber auch sehr egozentrisch, was deine Fress- und Trinkbedürfnisse anging. Mit grosser Geduld hast du täglich eingefordert, was dir gebührte. Mir schien, als würde dir das Leben am besten behagen, wenn Sascha und ich wie faule Würste auf dem Sofa in der Stube lagen und du abwechslungsweise auf uns schlafen konntest.

Dein Fell war wunderschön und von einer aussergewöhnlichen Textur, auf die einen mochte es schwarz wirken, doch wenn man dich genau anschaute, konnte man die dunkle Schokolade erkennen. Deine Augen waren die einer Eule, gross und gelb, dein Blick intensiv. Du warst eine wunderschöne, stolze alte Löwin.

Du liebtest Musik. Wenn Sascha Bass übte oder sich lautstark Death Metal anhörte, dann sassest du auf dem Lautsprecher und blicktest wie eine Sphinx drein, so als wüsstest du alle Geheimnisse der Welt. Als wir 2015 hierher zogen und im August die Jazztage stattfanden, direkt vor unserer Haustüre, warst du sichtlich beeindruckt. Du hast die drei Tage am Fenster verbracht, voller Faszination für die Jazzmusik aus dem Postzelt, das direkt über unserem Haus aufgebaut war. Zu gerne hätten wir mit dir noch einmal die drei schönsten Tage unseres Städtlis miterlebt.

18 Jahre sind eine verdammt lange Zeit für ein Katzenleben, aber auch für mich. Dich loszulassen war einfach nur schmerzhaft und ist es noch immer. Mir fehlen deine Eigenheiten, dein forderndes Miauen, deine Spleens und deine nächtlichen Besuche im Bett, wenn du auf meine Brust gehockt bist und mich einfach angestarrt hast.

Ich will nicht über deinen Tod nachdenken, denn er kam schnell. Die Zeit davor war wunderschön und ich war so stolz, mit dir zusammen zu leben. Du warst für mich die Katze, die ich immer haben wollte, mein seltsames Fabelwesen, meine Schicksalsgefährtin, meine Inspiration für Figuren in Kurzgeschichten.

Du hast mir in deinen letzten Minuten deine Pfote auf die Hand gelegt. Dein Blick ging nach dem Fenster, so als wolltest du vorsorgen, dass deine Seele, und ja, ich bin überzeugt, dass du eine hast, entschwinden kann. Es ging sehr schnell, denn du warst bereit zu gehen und ich wollte dich gehen lassen. Auch wenn ich mich jetzt sehr einsam fühle, so als katzenverwaister Mensch.

Was bleibt sind viele Fotos und meine Erinnerungen an dich, geliebte Katze. Mach es gut.

Die Fotos stammen alle von Sascha @nggalai Erni

(m)eine Ode an @dreizehntel

Liebste Katze, mein liebes Dreizehntel

morgen ist also dein 18. Geburtstag. Meine Güte. Für eine Katzendame bist du genau im richtigen Alter. Nichts kann dich aus der Ruhe bringen, ausser vielleicht die freche Amsel, die dich manchmal vor dem Stubenfenster ärgert. Aber sonst bist du die Ruhe selbst.

Im Oktober 2002 warst du eine kleine, finöggelige Katze, ohne Schnurrbarthaare, mit einem Pilz im Gesicht, Flöhen und riesigen gelben Augen. Ich habe mich, ganz ehrlich, sofort mit Haut und Haar in dich verliebt. Ich habe mir immer eine schwarze Katze gewünscht, und indem ich dich traf, wurde dieser Wunsch erfüllt.

Ich war gerade mal 25 Jahre alt, mitten in der Ausbildung zur Agogin. Wir hatten einige Tage Seminar im Künstlerhaus Boswil im Kanton Aargau. Und plötzlich warst du da. Die erste Begegnung werde ich nie vergessen: Du warst pflutschnass vom Regen, hattest ein wunderbares Fell und vor nichts Angst. Am nächsten Morgen erfuhr ich, dass der Wirt dich totschlagen sollte. Auch er hatte wenig Freude daran. Aber offenbar hielt man dich für ein räudiges kleines Kerlchen, das jegliches Recht auf Leben verwirkt hatte.

Ich nahm dich also mit, um dich zu retten. Eine Nacht schliefst du in meinem Bett im Herberge-Zimmer. Du hast viel gefressen, viel geschlafen. In einem Karton bist du in meinem ersten Auto gereist. Natürlich hast du ihn in wenigen Momenten mit deinen scharfen Krallen zerrissen.

Autos sind deine geheime Leidenschaft. Du bist oft mit mir über Autobahnen gependelt. Wo ich war, warst du nie fern. Dein erster Tierarzt prophezeite mir: „An dieser Katze haben Sie genug für ein Leben.“
Er hat Recht.

Du warst an meiner Seite, als ich meine Mutter im Pflegeheim besuchte. Sie hatte sich so sehr eine kätzische Begegnung gewünscht. Negi, ihr geliebter Büsi war einige Jahre zuvor gestorben. Du warst da und bist ohne Scheu auf sie zugegangen. Du hast sie getröstet und mich auch. Selbst in den schlimmsten Stunden.

Ehrlich gesagt lebe ich mit dir am längsten zusammen. Nie war ich so lange bei meinen Eltern, nie mit einem Mann. Aber du warst immer da.

Als ich sehr krank wurde, warst du da. Du hast auf meiner Brust, meinem Bauch geschlafen. Du hast Trost gespendet, beharrlich deine Noms verlangt. Du bist meine treueste und liebste Freundin. Du hast den Umzug ins Toggenburg problemlos überstanden und dir das Haus erobert.

Ach, liebe Dreizehntel. Jetzt bist du 18 Jahre alt und wunderschön. Ich liebe dein morgendliches Gegurre, dein Einfordern von Milchschaum, Toni-Joghurt mit Schoggi-Aroma, deinen Blick, wenn es im Haus warm und sonnig wird.

Ich erachte es noch immer als grosses Privileg, dass wir beide uns getroffen haben. Dass du gerne auf mir schläfst, mich morgens freundlich angurrst und du uns nachts weckst, wenn grad irgend ein wildes Tier durch den Garten streicht.


Liebe Dreizehntel, du bist meine absolute Lieblingskatze! ❤

Zügelei Teil 357

Nach dem grossen Schneefall wagten wir uns heute wieder ins Toggenburg. Der Schnee war von den Strassen verschwunden, nicht aber vor unserer Einfahrt.

Eine gute Seele pfadete die Strasse sauber und – deponierte den ganzen Schnee vor unserem Gartentor. Eintreten? Unmöglich. Sascha ist zuerst über den Schneehaufen geklettert und hat eine Schaufel geholt. Ich muss dringend eine Tafel anbringen: „Einfahrt freihalten!“

Für einen Moment lange frage ich mich, ob die das schon so gemacht haben, als Omi noch im Haus lebte. Ich hoffe nicht!

Im Haus packe ich die Kisten aus. Das ist das Gute daran, dass wir langsam umziehen: ich miste aus, räume ein, stelle um. Werfe weg. Es scheint mir wie ein fortwährender Kreislauf.

Dann sortiere ich die Bettwäsche aus. Im oberen Stock liegt auf einer Kommode Wäsche aus Damast. Omi hat sie vor über zwei Jahren bereit gelegt. Mehr als einmal. Immer wieder vergass sie, dass sie sie bereits gerichtet hatte. Ich kann diesen Wäscheberg nicht mehr sehen. Ich will mich von allem trennen, was ich nicht brauchen kann. Alles, was ich nicht mehr brauche, wandert in grosse Koffer, damit meine Freundin, die Textildesignerin ist, sich aussuchen kann, was sie will.

Mit einem Mal halte ich Omis Mitgift-Bettwäsche in den Händen. Sie ist wunderschön. Omis Initialen sind kunstvoll aufgestickt. Ich lege die Wäsche zur Seite. Die gebe ich nicht weg. Der Kissenbezug und der Duvetbezug müssen um die 64 Jahre alt sein, so alt, wie meine Mutter im September werden würde.

Ich hörte wieder auf mit sortieren. Omis Initialen, das liebevoll aufbewahrte Bettzeug, rührten mich. Zudem war es kalt.

Wir probierten den ersten Anstrich in Saschas Büro aus. In vier Wochen ziehen wir hier doch ein!! Es ist noch soviel zu tun! Zuoberst auf der Liste steht der Schreiner, der in meinem Büro die Bodenbretter anschauen soll. Nochmals ein morsches Brett und eine schwarze Spinne überlebe ich nicht! Notiz an mich: Arachnophobie bekämpfen! Dann brauchen wir einen Internetanschluss. Und einen Parkplatz.

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Nebenbei besuche ich Ende Januar eine Weiterbildung und schreibe mein Buch fertig. Die Energien wollen gut eingeteilt sein. Ich mache mir Sorgen, wie wir die Katze friedlich verschieben. Sie spürt genau, dass sich etwas verändert. Sie ist jetzt bald 13 Jahre alt und ich hoffe, sie übersteht das ganze Theater gut. Noms helfen!

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Vielleicht mache ich mir einfach zu viele Sorgen. Ich hab hier im Thurgau so gerne gewohnt. Übergänge sind einfach nicht meine Sache. Ich will in Ruhe an einem Ort wohnen, das Haus dekorieren, nähen und kochen. Kisten packen ist echt nicht mein Ding!

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Nachtrag: in den nächsten Tagen poste ich hier Bilder von Möbeln, die ich verschenke. Es lohnt sich also, dran zu bleiben.