Loslassen und träumen

Ein Freund hat mir vor einigen Tagen geraten, meinen Vater loszulassen. Ich war der Meinung, ich hätte längst losgelassen. Aber das ist, auch nach über einem halben Jahr nach seinem Tod, wohl erst langsam möglich.

Ich bin darüber nicht unglücklich, denn ich halte das erste Jahr nach dem Tod eines Menschen für meine Trauer und mein Abschied nehmen wichtig. Ich entdecke immer wieder aufs Neue, wie ich an meinen Vater denke und ihm den Platz in meinem Leben einräume, damit er danach wirklich gehen kann.

Ein Teil meiner Trauer besteht darin, dass ich meine eigenen Träume lebe. Dass ich das tue, was mich glücklich macht, gleichwohl, was andere denken. Das tut gut. Und ich denke, das ist auch dem langsamen Sterben meines Vaters zu verdanken. Ich will glücklich sein und ich bin es auch, am Ende jedes Tages. Seit vielen Monaten schreibe ich eine tägliche Dankbarkeitsliste, um mich an all das zu erinnern, was ich als schön erlebt habe.

Manchmal flammt Wut in mir auf, etwa wenn ich daran denke, dass Leute bei seiner Beerdigung so nebenbei gesagt haben, wir sollen froh sein, konnte er sterben. Ich sage nichts anderes: Ich bin froh, muss mein Vater nicht mehr leiden. Aber wenn mir das jemand anders sagt(e), dann trifft es mich. Und ich empfinde es als übergriffig. Viel schöner wäre das Leben, wäre er noch da.

In ungefähr einem Monat ist mein 44. Geburtstag. Ich hätte mir gewünscht, er wäre dabei. Seine Anwesenheit bei diesem Fest hat es immer besonders gemacht. Schliesslich ist er mein Vater und ich war ein Teil von ihm.

Manchmal wünschte ich, ich hätte ein Grab, das ich bepflanzen könnte. Aber dann denke ich: Es ist schon richtig so, wie es jetzt ist. Ein Stein auf deinen sterblichen Überresten hätte dich genervt. Du gehörst raus auf eine Blumenwiese, unter einen wunderschönen Baum, geliebter Vater.

Ich hätte mir für seine Beerdigung ein Fest gewünscht, wo die Menschen einander umarmen, gemeinsam weinen und lachen, essen und trinken. Ich war an dem Tag so verheult und damit beschäftigt, überhaupt jemanden hinter der Maske zu erkennen, dass es mich nur gestresst hat. Es macht mich traurig, konnte ich nicht gross mit seinen (mir nicht immer näher bekannten) Freunden sprechen. Das hätte mich getröstet.

Am Samstag habe ich ein Fotoalbum entdeckt, dass meine Mutter und er um 1974 angelegt haben. Damals waren sie frisch verheiratet und ich lerne meine jungen Eltern auf den Bildern nochmals ganz anders kennen. Sie sehen so glücklich und schön aus. Dennoch entdecke ich den ernsten Blick meines Vaters, wie er in die Kamera schaut, so als ob er spürt, was das Leben ihm alles anbieten wird. Er wird schöne und traurige Zeiten erleben. Und vor allem wird er viele Jahre später seine grosse Liebe treffen, die ihm bis zu seinem Tod zur Seite stehen wird. Das finde ich sehr tröstlich.

Was mich in den letzten Wochen erstaunt – und erfreut – hat, ist, dass ich von ihm träume. In meinen nächtlichen Spaziergängen ist er immer so um Mitte 40. Er wirkt kraftvoll und strahlt, weil er glücklich ist. Dieses Bild gefällt mir und so mag ich ihn gerne loslassen, weil ich weiss, dass ein Teil immer bei mir ist.

Processed With Darkroom

Ein Traum von Omi

Letzte Nacht träumte ich, endlich mal wieder, von Omi. Plötzlich stand sie da in meinem Traum: Wir sassen in einem chinesischen Restaurant in Berlin. Sie war wieder Ende 60, ich 20. Omi sah aus wie der blühende Frühling und strahlte mich an. Ich dachte: „Du bist doch tot.“ Omi antwortete, während sie mit ihren Stäbchen geschickt Pouletfleisch aus dem Reis klaubte. „Ja, das bin ich.“

Ich musste daran denken, wie sehr Omi darunter gelitten hatte, dass sie nach Opis Tod nicht von ihm geträumt hatte. „Das mag mi“, hatte sie mir damals gesagt und geweint.

Ich strahlte Omi in meinem Traum an. Sie streichelte meine Hand mit ihren langen, eleganten Fingern.

„Ach du Liebe“, seufzte sie. „Ich hab ganz vergessen, dass ich gar nicht mit Stäbchen essen kann.“

Und dann wachte ich auf.

Heimat finden

Das Wetter war gelinde gesagt mies, heute im Toggenburg. Wir packten eine Wagenladung Gerümpel Kisten und fuhren zum Haus. Das Gute am Tauwetter ist ja, dass wir wieder problemlos vorfahren konnten, ganz im Gegenteil zu Anfang der Woche.

Wir wollten eigentlich den Keller von einer Ladung Müll befreien. Leider aber waren wir zu spät dran und so machte ich mich ans Auspacken der Kisten. Natürlich frage ich mich, ob es wirklich sinnvoll ist, Mutters Nippes ins Haus zu zügeln. Aber dann denke ich, dass diese schrecklichen Figurinen ihr so am Herz hingen, dass ich sie jetzt nicht einfach wegschmeissen kann.

Also stehen sie in Kisten herum. Heute nacht träumte ich davon, dass ich die Figurinen zusammenschlage und ihre Scherben neu zusammensetze, auf dass eine bunte, grosse Kugel daraus entsteht. Die stellte ich in den Garten und wartete darauf, dass Blumen daraus wuchsen.

Der erste Anstrich im Büro war mein Tagesziel. Indies, ich brauchte lange. Malen macht wirklich Spass. Mir wird bewusst, dass ich diesen uralten Raum vollends neu gestalte. Weiss über lindgrünes Türkis. Wo wird mein Tisch stehen, denke ich. Welche Lampe will ich? Blumen. Vor dem Fenster soll eine Bank stehen und darauf ein Topf mit grünen Pflanzen und Gras für die Katze. Ich stelle mir vor, wie sie im Frühling auf einem Kissen daliegt, sich sonnt und später gurrend durch mein Büro streicht.

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Ich konzentriere mich aufs Malen. Das Holz färbt sich weiss. Ich vergesse alles um mich herum, sogar die Gefahr, dass plötzlich eine grosse schwarze Spinne neben mir stehen könnte. Meditation pur.

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Nach zwei Stunden pausenlosen Malens bin ich müde. Wir kriegen Besuch. Ein junges Paar kommt ein Möbel abholen. Es regnet in Strömen. Wir transportieren Uroma Röös‘ Schrank in einen Anhänger.

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Ich bin erleichtert. Ein Schrank weniger. Menschen, die sich darüber freuen. Und dann, kullert mir im kalten Regen eine Träne herunter und ich denke: jetzt macht der alte Schrank noch eine grosse Reise in eine neue Heimat. Ich gehe zurück ins Haus.

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Nachklang

Der Rest des gestrigen Tages ist der Rede wert. Ich war glücklich. Mit einem Mal schien mir der November wie der März.

Ich arbeitete bis neun Uhr abends. Dann fuhr ich langsam nach Hause, vorbei an Füchsen, einer Katze und Rehen. Das Thurtal gehört in dieser Jahreszeit den Wildtieren. Nicht den Autofahrern.

Ich komme nach Hause und finde eine Schachtel mit Anfeuerholz vor unserer Türe. Ich stutze, denke: gehört das unserer Nachbarin. Denn sie hat, im Gegensatz zu uns, ein Cheminée.

Ich trete in unsere Wohnung und höre Stimmen. Ich staune nicht schlecht, als meine Eltern da sitzen. Für einen Moment bin ich den Tränen nahe.

Sie sind extra um diese Zeit zu uns gekommen, um mit uns den Kauf des Hauses zu feiern. Ich bin verschwitzt von der Arbeit. Wechsle zuerst meine Kleider, bevor ich Hände schüttle und Küsse verteile.

Dann stossen wir an, essen Käse und Rauchfleisch, den die beiden mitgebracht haben.
Wir reden. Ich bin glücklich. Ich möchte die ganze Zeit einfach weinen, weil schon am Morgen keine Zeit dafür war. Wir reden über die Blumen, die ich pflanzen werde, die Möbel, die noch zu entsorgen sind, die Mulde, die ich bestellen muss.

Als ich heute zur Arbeit fuhr, strahlte ich.
Ich habe ein Haus. Einen Traum. Einen Baum.
Die Katze wird im Haus herumtollen und ich werde ein Büro mit Blick auf den Garten und die Strasse haben. Der Kachelofen wird uns warm geben. Die Forellen leben in ihrem Bach und irgendwann werden Hühner herumhüpfen. Alles wird gut.

Albträume

Bald sind meine Ferien vorüber. Ich hab soviel geräumt. Das Haus und ich sind uns näher gekommen. Ich kenne nun so viele verborgene Ecken. Ich schätze seine Architektur noch mehr. Es ist, wie man sich in einen ganz besonderen Menschen verliebt. Man spürt plötzlich, wie nahe man sich ist.

Ich sehe mich im Haus, im Garten, am Arbeiten. Ich kanns spüren. Dennoch träume ich nachts von anderen Dingen. Ich verliere es. Ich habe Angst. Ich knirsche mit meinen Zähnen, bis mir der Kiefer weh tut.

Wieder eine Woche meines Lebens vorbei ohne eine Nachricht, zumindest einen Schritt weiter zu sein. Unerträglich. Ich mag nicht unfrei sein. Abhängig vom Urteil anderer Menschen.

Ich sollte einen Fachmann für Schimmel engagieren. Die Werkstatt ist befallen. Doch da nichts mir gehört, werde ich das nicht tun. Ich werde den Müll entsorgen, der mir nicht gehört, Wollknäuel und Spielsachen verschenken, die mir nicht gehören, das Klo putzen, das mir nicht gehört.

Über allem prangt die Angst, dass Omi etwas passieren könnte. Wenn sie stirbt, ist alles nochmals anders. Ich weiss nicht, was schlimmer ist.

Im Traum schleife ich Wände ab. Stundenlang. Ich schraube, ich hämmere, ich male. Wenn ich aufwache, bin ich todmüde. Ich schlafe erneut ein und arbeite weiter. Immer wieder sehe ich mich vor dem Haus. Es ist verschlossen. Ich breite die Arme aus.

Ich muss daran denken, wie ich mit Omi ums Haus herumgetollt bin, als ich noch ein Kind war. Opi stand vor seinem Keller und rauchte. Barri, der Hund hüpfte um Omi herum. Alles blüht. Alle sind glücklich.

Ich wache auf, nicht im Toggenburg, und fühle mich leer. Ich bin nicht zum faul herumliegen gemacht. Also stehe ich auf und mache weiter.

Die Traum-Werkstatt

Die letzten Nächte habe ich, zumindest im Traum, Opas alte Werkstatt ausgeräumt. Hier hat er fast zwanzig Jahre lang gewirkt.

Am Montag entsorgte ich mit Saschas Hilfe verschimmelte Kartons. Paula hatte sie den Wänden entlang gestapelt, um Durchzug vermeiden. Durchzug hats hier nicht. Seit wir lüften können, hat sich der modrige Gestank verflüchtigt.

Noch muss ich viel räumen. Da ist ein Tisch, der früher in der Stube stand. Die Schublade fehlt. Ich hab sie bisher im Haus noch nicht gefunden. Dafür fand ich die Scherbe einer Vase. Unglaublich, dass Omi sie aufbewahrt hat. Nun kann ich die Scherbe wieder einsetzen und fest kleben.

Im ganzen Haus hat Omi Werkzeug versteckt. Ich trage alles wieder zusammen und verräume es im Kasten. Mein Vater wird mir erklären, was ich davon noch brauchen kann.

In der einen Ecke, unter der Treppe, türmt sich das Holz in Einkaufskörben. Ich werde alles in den Garten, im kleinen Schopf verstauen. Hier ist es zu feucht für Holz. Bei alledem kämpfe ich gegen meine Spinnenphobie. Aber es bleibt mir auch gar nichts anderes übrig.

Ich hätte die grösste Lust, mir sofort eine Schleifmaschine zu kaufen und die Wände meines zukünftiges Büros abzuschleifen. Jetzt sind die Wände mintfarben. Noch hab ich keinen Plan, welche Farbe sie einmal haben werden. Zuerst muss alles raus!

Hinter dem alten Stubentisch steht, versteckt und zugemüllt eine schöne alte Werkbank. Noch muss ich es mir schwer verdienen, all die Schätze des Hauses zu entdecken, zu entstauben und wieder aufzubereiten.

Meinen Traum, mal wieder eine Nacht im Haus zu verbringen und am nächsten Morgen um fünf Uhr auf den Säntis zu fahren, habe ich noch nicht umgesetzt. Was hindert mich daran?

Lebe deinen Traum

Eigentlich hatte ich gehofft, im Juli Besitzerin des Hauses zu sein. Aufgrund Ferienabwesenheiten und anderer Umstände zieht es sich hin.

Ich habe drei Wochen Ferien und zum ersten Mal seit ich denken kann, nichts geplant. Das heisst: der Plan war eigentlich, das Haus zu räumen. Im Vorratsraum türmt sich der Müllberg, den wir, wohl auf unsere Kosten, entsorgen. Ich kann den Anblick nur schwer ertragen.

Als ich am Freitag mein Omi sah, hab ich ihr erzählt, dass ich mir nichts mehr wünsche, als endlich im Haus zu wohnen, sie häufiger sehen zu können und vielleicht auch endlich mal wieder mit ihr Kaffee trinken zu gehen.

Ich habs nicht gerne, nur zu träumen. Ich bin eine Macherin. Keine Angst vor harter Arbeit. Aber da sitzen und Däumchen drehen ist nicht mein Ding.

Die letzten eineinviertel Jahre war ich in einer Weiterbildung zur biographischen Schreibpädagogin. Die Erkenntnisse, die ich über meine Familie, das Haus und mich gewonnen habe, sind wertvoll. Sie motivieren mich dazu, weiter zu machen, Geduld zu haben, nicht zu verzweifeln.

Als ich am Freitag im Haus war, hab ich entdeckt, dass mein Vater die Platten vor Opas Werkstatt frei gelegt hat. Sie waren bestimmt 17 Jahre lang nicht mehr am Tageslicht.

Mein Traum hat schon angefangen.

 

mit Vaterca 1979

Photoprojekt März 2014 (4)Frühling 2014

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Juli 2014

Sommergewitter

Heute nacht hatte ich einen seltsamen Traum. Ich träume ihn immer wieder. Seit über 25 Jahren.

Es ist ein heisser Tag in den 80ern. Die Sonne brennt heiss auf meiner Haut. Ich stehe auf unserer Wiese vor dem Haus im Toggenburg. Meine Schwester und ich hüpfen herum, weichen den Scheisshaufen von Barri, dem Appenzellermischling aus.

Ich nehme ein Bad im Bach. Der Bach ist eigentlich ein Kanal, der neben dem Haus vorbei fliesst. Er riecht ein wenig nach Chemikalien. Trotz alledem leben unten unter dem Fall einige Forellen.

Dann gehe ich zurück ins Haus. Oma, meine Schwester und ich schauen fern. Es wird langsam dunkel. Die Wolken ziehen sich zusammen. Ein Gewitter.

Nie habe ich solche Gewitter erlebt wie im Toggenburg als Kind. Mir schien, als bebte die Erde. Obwohl es dunkel ist, leuchtet alles herum. Es knallt und bebt, als ginge die Welt unter. Der Regen prasselt laut auf das Dach nieder und ich erwarte jeden Moment, dass eine Welle von Regenwasser uns alle davon schwemmt.

Ich wache auf. Ich bin kein Kind mehr. Mein Erlebnis ist über 25 Jahre her. Trotzdem sehne ich mich nach dem Haus.
Ich möchte zu gerne wissen, wie es ist, 25 Jahre später im Haus zu leben, wenn es gewittert. Werde ich Angst haben? Mich geborgen fühlen?

Hausträume

In unregelmässigen Abständen träume ich davon, wie ich das Haus räume. Das sind jeweils sehr anstrengende Nächte, denn am nächsten Morgen tut mir alles weh. Es scheint so, als würde ich nachts das tun, was ich mir tagsüber wünsche.

Einmal mehr räumte ich die Winde auf. Sie ist komplett leer und ich kann endlich überprüfen, wie die Wände gebaut sind. Ich entsorge unpassende Regale, Müll und stehe vor dem kleinen Raum, der vor 175 Jahren wahrscheinlich als Abtritt gebaut worden war. Jahrelang hat meine Oma in diesem Raum Reinigungsgeräte aufbewahrt. Jetzt stehen alte Koffer darin herum.

Im Traum trage ich sie heraus auf die Terrasse, wo alles zu Staub zerfällt. Ich putze die Fenster, sauge den Boden und streiche die Wände. Ich will Helligkeit.

Mit einem Mal bin ich wieder wach. Heute werde ich nicht zum Haus fahren. Ich arbeite. Aber an die hellen Wände werd ich denken.

Ein Paradies für Atheisten.

Das mit dem Sterben ist so eine Sache.
Als ich meine Mutter damals in ihrem Spitalbett sah, wusste ich, dass sie jetzt stirbt. Die Tatsache, dass wir alle jeden Tag ein wenig sterben, tröstete mich da nur wenig.

Seine Mutter sterben zu sehen, ist schwierig. Es tut einem in der Seele weh, den Menschen, der einen geboren hat, leiden zu sehen. Jeden Tag verschwand sie ein klein wenig. Manchmal ging es ihr ein bisschen besser, dann wieder schlechter. Das Leben verliess ihren Körper in Raten.

Am schwierigsten war für mich ihre Hoffnung zu ertragen. Mir wäre lieber gewesen, wir hätten übers Sterben und ihre Ängste reden können. Doch stattdessen plapperte sie von der blütenweissen Wohnung mit Lift und Waschmaschine mit Tumbler. Alles war toll.

Während sie von ihrer neuen schönen Wohnung träumte, räumte ich ihre versiffte, kleine Einzimmer-Dachwohnung. Ich entsorgte Müllsäcke, leere Flaschen, den vergammelten Inhalt ihres Kühlschranks. Ich wusste, sie würde niemals mehr in diese Wohnung zurück kehren.

Sie lag im Spital. Ich räumte. Manchmal legte ich mich heulend auf den Teppichboden. Atmete die Zigarettenasche ein. Mutters Geruch. Alles haftete an den Möbeln. Den Wänden. Ihr ganzes Lebensglück und -unglück hatte die letzten Jahre in dieser Wohnung stattgefunden.

Ich begriff nicht, was sie mir sagen wollte, damals. Erst jetzt, Jahre später weiss ich es. Sie erzählte mir von ihrem ihr eigenen Paradies. Ihr Paradies bestand nun einmal aus einer tollen Wohnung mit Haushaltsgeräten. Sie wollte kochen, Freunde und uns Kinder beherbergen. Das war ihr das wichtigste am Ende ihres Lebens. Ich dumme Kuh habs nicht verstanden. Wie auch?

Eines weiss ich jetzt: wenn mir ein Sterbender von seinem Traum erzählt, höre ich lächelnd zu und nicke. Ich streichle seine Hand. Ich werde nicht berichtigen, sondern nur zuhören.

Ich bin gespannt, wie mein Paradies sich am Schluss zeigen wird.